Mit dem CDJ-600 möchte Gemini beweisen, dass modernes, professionelles Auflegen nicht kostspielig sein muss. Das Spitzenmodell ist eine Weiterentwicklung des CDJ-505, dem er abgesehen vom Jog-Mode-Schalter und der Wheeloberfläche zum Verwechseln ähnlich sieht. Auch der kleinere Bruder 210 reiht sich nahtlos in das bestehende Produktdesign ein und unterscheidet sich in erster Linie hinsichtlich der gebotenen Features von meinem heutigen Testkandidaten.
Gemini CDJ-600 bringt USB-Support, einen Slot-In-Drive und einen eingebauten Beatcounter mit, verzichtet dafür aber auf Effekte. Mit einem aktuellen Straßenpreis von zirka 290 Euro (326 Euro UVP) positioniert er sich im preislichen Einsteigersegment, das hauptsächlich vom privaten Konsumenten getragen wird. Hier kämpft er zusammen mit Denons S700 (399 Euro UVP, 295 Euro Street), Numark NDX-400 (239 Euro) und NDX 800 (420 Euro UVP, 349 Euro Street) und natürlich auch dem Dauerbrenner Pioneer CDJ-100 um die Gunst des Käufers. Kann der Player im Heim- und Studioeinsatz überzeugen – und eventuell auch fortgeschrittene Party-Beschaller ansprechen?
Erster Eindruck Im Karton befindet sich neben der sicher verpackten Testeinheit noch je ein Cinch- und Netzkabel sowie das Bedienungshandbuch. Wer jemals mit einem DJ-CD-Player gearbeitet hat, findet sich sofort zurecht. Auch Neulinge sollten ohne Manual auskommen, denn der Proband ist eindeutig beschriftet und somit nahezu selbsterklärend. Gemini CDJ-600 wiegt knapp 2,7 Kilo und macht trotz Kunststoff-Gehäuse einen durchaus robusten Eindruck – sollte also im rauen DJ-Alltag bestehen können. Die Verarbeitung ist gelungen, das anthrazitfarbene Design weiß auf Anhieb zu gefallen. Die vorderen Ecken sind allerdings (in bester Mischpult-Manier) ein wenig kantig, daher kann es nicht schaden, den Player auf Reisen in einem geeigneten Transportcase zu verstauen.
Nach dem Auspacken wandert der Blick zunächst zum imposanten Jogwheel, das, rein optisch betrachtet durchaus zu Gefallen weiß, und erste Erwartungen weckt. Vollauslösende Buttons, ein stattliches Display und ein langer Pitchschieber machen ebenfalls neugierig. Mal sehen, wie sich der Proband im Praxiseinsatz schlägt. Sollte der DJ dabei etwas beherzter zur Sache gehen, steht der Bolide rutschsicher auf vier Gummifüßen und macht hoffentlich vom Anti-Shock-Puffer Gebrauch. Der USB 1.1 Port für externe Laufwerke ist am linken oberen Rand platziert. Mir persönlich ist er dort lieber als an der Rückseite, denn so gelingt der Zugriff besser. Ersteindruck: solides Ingenieurswerk!
Anschlüsse In den Mixer geht es via Stereo-Cinch. Einen digitalen S/P DIF Ausgang, der bei manchem Mitbewerber zum Pflichtprogramm gehört, suche ich vergebens. Auch eine Faderstart-Buchse ist nicht vorhanden, was sicherlich auch dem Umstand geschuldet ist, dass die aktuelle Gemini Club- und Battlemixer ebenfalls keine Fernsteuer-Vorrichtungen aufweist. Statt dessen sind an der Rückseite noch der Einschaltknopf und der Anschluss für ein Kaltgerätekabel verbaut. Gemessen an der Preisklasse habe ich von klanglicher Seite nichts zu beanstanden. Was aus den Lautsprechern kommt, ist transparenter Sound. Bei MP3-Files mit zu hoher Kompression und niedrigen Bitraten oder schlecht aufgezeichneten Wave-Files muss man natürlich mit Einschränkungen rechnen, was aber nicht dem Player zuzuschreiben ist.
Display Beim ersten Einschalten begrüßt das Display seinen neuen Besitzer mit dem LCD-Schriftzug: „GEMINI CDJ-600“. Der Screen fällt deutlich größer als beim Geschwistermodell aus, leuchtet hell und ist auch bei steileren Neigungswinkeln noch deutlich abzulesen. Neben Tracknummern, Laufzeiten (Elapsed, Remain), Abspielmodus (Single/Repeat), Abspielstatus (Cue, Pause, Play), USB-Status und den aktuellen Pitch-Gepflogenheiten zeigt es Ordnernamen und bei MP3-Tracks ebenfalls Titel und Bitrate auf einer zwölfstellig scrollenden Punktmatrix an. Ferner hat die Entwicklungsabteilung dem Spitzenmodell ein Balkendiagramm spendiert, welches den Songfortschritt visualisiert. Die BPM-Anzeige lässt sich manuell einschalten.
Bedienoberfläche Wie üblich für diese Produktart befinden sich die extragroßen Buttons für PLAY und CUE links unten neben dem Jogdial. Darüber sind die Umschalter für den Betriebsmodus platziert. Weitere Tasten wie EJECT, REPEAT, SINGLE, BPM und TIME flankieren in gewohnter Manier das Display. Die Loopsektion ist unterhalb des Bildschirms positioniert. Ein Push-Encoder browst zügig durch die angeschlossenen Medien und lädt niedergedrückt die aktuelle Auswahl. Hervorzuheben ist weiterhin, dass man auch während eines laufenden Musikstückes einen Nachfolger suchen kann.
Beschleunigung und Tempolimit Der Pitchfader hat eine praxistaugliche Länge von 100 mm und gleitet angenehm sanft. Nur die leicht wackelige Potikappe sorgt für Punktabzug in der Haltungsnote. An der Nullstelle rastet der Schieber ein, mit 1,5 Skaleneinteilungen fallen die Deadzones an den Nord und Südenden nicht sonderlich aus dem Rahmen. Doch was nützt einem der längste Pitch, wenn er nicht präzise arbeitet. Hier kann ich Entwarnung geben. Der Bursche ist ein sehr gewissenhafter Tempokommandant und lässt Feinabstufungen von 0,1 BPM in der kleinsten und mittleren Auflösung (+/-8%, +/-16%) und akkurate 0,2 Prozent bei +/-24% zu. Damit lässt sich arbeiten. Der Praxistest ergab, dass die Pitchbend-Taster unabhängig von der Pitch-Auflösung um etwa acht Prozent beschleunigen oder bremsen.
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Pitchbend ButtonsPitchbend Wheel
Das Jogwheel ist der größte Blickfang am Gerät und soll nun in den Praxisteil überleiten.
Jogging ohne Trainingsanzug Zunächst ist festzuhalten, dass der Teller mit einem Außendurchmesser von knapp 180 Millimetern und einer Auflage von circa 165 mm schön groß geraten ist. Genug Angriffsfläche, auch für ungeübte Finger. Die geriffelte, gummierte Oberfläche ist recht griffig, die Mulden am Rand besitzen praxistaugliche Ausmaße und das Wheel kommt nach einem Schubser zügig wieder zum Stehen. Prima. Insgesamt besitzt der Teller drei Betriebsmodi, nämlich PITCH-BEND (LED aus), SEARCH (LED an) und SCRATCH (LED blinkt), die keiner näheren Erklärung bedürfen. Im Pausenmodus spult das Dial framegenau mit 1/75s im Audiomaterial – etwa um sehr akkurate Cuepunkte zu platzieren. Mit dem Jogwheel lässt sich sehr komfortabel arbeiten, gerade im Nudge-Modus ist es deutlich tighter als das Geschwistermodell CDJ210 – und hat auch keinen so schwammigen Nachlauf. Der Hersteller gibt im Übrigen ein Anlaufmoment von 0,03 Sekunden an. Auch im Scratch-Mode muss sich der Proband nicht vor der direkten Konkurrenz verstecken. Der Sound des DSP wird zwar Vinylisten und Turntablisten nicht authentisch genug klingen, doch für den Mainstream-Einsatz und gelegentliche Kratzeinlagen leistet der Chip (laut Supportanfrage ein anderes Modell als im 210er) gute Arbeit. Das ist für ein 289-Euro-Gerät insgesamt bemerkenswert. Was das Handling angeht, werden DJs, die mit CD-Playern scratchen, sicherlich auch mit der 600er-Haptik arbeiten und ihre gewohnten Techniken einsetzen können. Einzig das Auslösen eines SCRATCH-Buttons könnte Vinyl-Umsteiger zunächst stören. Hier wäre ein Jogwheel mit Button-Funktion hilfreich.
Slot-Loading Drive Der Slot-Loading-Drive hat einen sanften, leisen Einzug und eine kleine rote LED. Sie dient als Orientierungshilfe in dunklen Umgebungen und verrät zudem, ob der Player gerade eine Scheibe im Bauch hat (LED aus). Vom Einschub eines Silberlings bis zur ersten Abspiel-Bereitschaft können bis zu 15 Sekunden vergehen, wie dies beim frisch eingetroffenen Klassiker von K7! „K7150“ der Fall war. CDJ-600 liest neben normalen Audio-CDs, CD-Rs und Wav-Dateien auch MP3-Files mit konstanter (CBR) und variabler Bitrate (VBR). Ordnerstrukturen stellen kein Hindernis dar, wobei es egal ist, ob der Anwender einen optischen Datenträger eingelegt hat oder ein USB-Gerät anstöpselt. Der Hersteller macht aktuell (1.11.2010) keine Angaben zur Größe des Anti-Shock-Puffers also habe ich den Burschen mal 48 Sekunden lang geärgert. Keine Aussetzer. Schütteltest bestanden.
Win situation! = win situation? Cupertino oder Redmond. Sicherlich ist das teilweise eine Glaubensfrage, aber auch eine Entscheidung des primären Einsatzzwecks. Leider ist es gerade bei CD-Playern mit USB-Port im unteren Preisdrittel oftmals so, dass sie ausschließlich FAT-, FAT32- oder NTFS-Dateisysteme lesen. Für meine Mac-formatierte HFS-Sounddisk bedeutet dies unweigerlich das Aus. Die 320-GB-Windows-Platte wurde ohne Zögern akzeptiert und in wenigen Sekunden eingelesen. Auch der USB-Stick machte keine Zicken. Möchte der DJ ausschließlich von externen Datenträgern mixen, müssen die Songs, will er absolut flexibel in der Songauswahl sein, auf beiden Medien vorliegen. Als Nächstes sollten die örtlichen mobilen Abspielgeräte überprüft werden. „Leute, leiht mir bitte mal kurz eure MP3-Player“ schallt es durchs Office und Sekunden später liegen die üblichen Verdächtigen auf dem Tisch. Die beiden Shuffle-Pods 2G/3G wurden mit den produkttypischen kryptischen Tags eingelesen, ebenso wie der iPod-Video. Telefone und Touchplayer liefen gar nicht. Auch der Samsung YEP kam nicht zum Zug. Ohnehin wird das Gros der tragbaren MP3-Jukeboxen meist nur von CD-Playern erkannt, wenn sie sich als Wechseldatenträger beim Betriebssystem anmelden. Der praktische Nutzen? Ich kenne einen kleinen Pub-Crawl-Club in Berlin-Mitte, wo der gutmütige irische DJ oftmals bereit ist, den feierwütigen Besuchern einen Plattenwunsch direkt von deren MP3-Playern zu gewähren, denn die örtlichen Abspieleinheiten können nahezu jedes Format lesen. Auch auf privaten Veranstaltungen ist es schon häufiger vorgekommen, dass der DJ einen Stick oder ein Handy mit USB-Kabel in die Hand gedrückt bekommen hat. In solchen Szenarien sollte der CDJ-600-Nutzer vor einer Zusage den Erkennungs-Test durchführen.
Einsatzgebiete Nein, wir werden den Sechshunderter nicht in den großen Clubs der Balearen und anderen vom Partyvolk belagerten Inseln finden. Hier herrscht ein Standard vor und nüchtern betrachtet wurde der Testkandidat nicht konzipiert, um diesem Paroli zu bieten. Er ist ein Player für den ambitionierten Einsteiger, bei dem die Anschaffungskosten und das Preis-/Leistungsverhältnis eine große Rolle spielen. Und da weiß der 600er schon recht gut zu überzeugen. Kneipen und Bars könnten ebenfalls gefallen am Gemini finden, auch wenn der Player weder AAC, AIFF noch OGG-Vorbis spricht. Er versteht die verbreitetsten Formate und besitzt eine gut strukturierte, leicht zugängliche Bedienoberfläche, die auch DJ-Greenhorns nicht überfordert. Als Notnagel für semiprofessionelle Anwender und Experten, die keine Lust haben, 1000 Euro in ein Profi-Ersatzgerät fürs Regal zu investieren, ist der Proband ebenfalls eine interessante Option. Und auch kleinere Diskotheken und mobile Beschaller mit begrenztem Budget können meiner Meinung nach einen Blick riskieren. Die Kreativabteilung Leider ist die Programmierfunktion des kleinen Bruders dem Rotstift zum Opfer gefallen. Zudem mussten auch die Effekte BRAKE und REVERSE weichen. Schade, denn so besteht die Kreativabteilung lediglich aus einem manuellen Loop. IN setzt dabei den Einsprungspunkt, OUT legt das Ende der Schleife fest. Der Audiozyklus beginnt nahtlos und unverzüglich abzuspielen. Damit der Beat im Rhythmus bleibt, benötigt es eine gehörige Portion Treffsicherheit. Sollte das Manöver misslingen, verlässt OUT den Loop mit einem weiteren Tastendruck genauso schnell, wie RELOOP ihn wieder reaktiviert.
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Seamless Loop
Akkurate Cuepunkte werden ganz einfach platziert, indem man im Pausenmodus an die gewünschte Stelle navigiert und dann PLAY betätigt. Bei jedem CUE-Trigger springt der Song exakt an die markierte Stelle zurück. Eines ist bei Verwendung von MP3-Musik jedoch zu beachten: Dateien mit konstanter Bitrate sind zwar unter ähnlichen Qualitätsansprüchen größer als variabel codierte, dafür aber nicht so anspruchsvoll in der Berechnung. Die kleineren VBR-Dateien sind aufwendiger zu analysieren, was zu einer Verzögerung beim Cuepunkt-Handling führen kann. Der Hersteller empfiehlt daher, Presets mit konstanter Bitrate zu verwenden.
Fazit Geminis CDJ-600 ist ein schnörkelloser und praxistauglicher DJ-CD-Player für Einsteiger und fortgeschrittene Anwender, der über wenige, dafür aber gut funktionierende Features verfügt. Er klingt gut, liest Audio- und MP3-CDs, zeigt sich mit Timecodes im Bauch kompetent und bringt eine ordentliche Portion Spielspaß mit. Dafür sorgt nicht zuletzt sein großes, griffiges Jogdial mit den drei Betriebsmodi NUDGE, SCRATCH und SEARCH. Design und Oberflächen-Layout sind stimmig. Gebrowst wird per Push-Encoder. Das helle Display zeigt mixrelevante Informationen inklusive Lettern auch aus größeren Winkeln deutlich an. Der Scratch-DSP arbeitete für die Preisklasse angemessen, ein nahtloser Loop ist ebenfalls mit an Bord. Mehr kreative Betätigungsfelder gibt es jedoch nicht. Besonders die Möglichkeit von kompatiblen MP3 Playern, USB-Festplatten oder Sticks zu spielen, trägt zur gelungenen Gesamtvorstellung bei, sollte aber auch Macintosh-Dateisysteme einschließen, was nicht der Fall ist. Soweit eigentlich eine ziemlich runde Sache. Schade nur, dass der Bursche keine Tonhöhenkorrektur vorweisen kann. Vom Top-of-the-Range Modell sollte man das erwarten können. In einigen musikalischen Stilrichtungen ist das eventuell zu vernachlässigen, in elektronischen Genres eher nicht. Denn dort wird in aller Regel gepitcht und gemixt, was das Zeug hält. Effekte sind ebenfalls nicht mit an Bord. Wer jedoch weder Keycorrection noch FX in seinem Setup oder Etablissement einsetzt, bekommt mit dem Gemini CDJ-600 einen preislich attraktiven Player mit fundierten Kernkompetenzen und gutem Sound.
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