Pioneer Rekordbox 4.0 DJ Test

Man munkelte schon lange, dass Pioneermit einem neuen Rekordbox-Update in den Kampf der DJ-Software-Systeme einsteigen will. Nun ist es soweit und Rekordbox 4.0 DJ klopft an die Tür. Der Hersteller verspricht neue Möglichkeiten des Laptop-Mixens und die schnellste DJ-Software weit und breit. Per In-App-Kauf kann die kostenlos herunterladbare Software mit dem Plus Pack erweitert werden. Das kostet einmalig 139 Euro oder monatlich 10,90 Euro. Der Funktionsumfang lässt sich 30 Tage lang kostenlos prüfen.

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Details

Das Plus Pack verwandelt Rekordbox in eine ausgewachsene DJ-Software mit zahlreichen Performance-Tools. Sinnvollerweise ist Rekordbox zu Pioneers Flaggschiff-Controllern und -Playern kompatibel, ganz ähnlich wie bei Traktor von Native Instruments. Laufwerke und Player von Pioneer zählen zu den Club-Standards, das sind hervorragende Startbedingungen für die neue Software.
Der Export Mode hat einige kosmetische Neuerungen und Verbesserungen erfahren, um effektiver ähnliche Titel zu finden. Neu ist die farbige Darstellung der Wellenform inklusive aller Marker im Browser-Fenster. Hierfür müssen die Titel neu gescannt oder einmal mit der Software abgespielt werden. Alternativ kann man mit der „klassischen“ blauen Darstellung arbeiten, ebenfalls zu sehen auf unseren Screenshots. 

Fotostrecke: 3 Bilder Der Export Mode sollte jedem Rekordbox-Nutzer bekannt sein.

Die große Überraschung des Updates ist jedoch der Performance Mode. Hier erscheinen in der oberen Bildschirmhälfte die Player, ein Auswahlmenü für deren Darstellung (zwei oder vier Decks, horizontal bzw. vertikal) sowie Tabs für die Modi FX, CFX, Sampler, Mixer und Rec. „Durchsuchen“ maximiert den Titel-Browser und verkleinert die restlichen Module, die aber trotzdem noch übersichtlich angeordnet sind.
Neu in Rekordbox 4.0 ist die Multi-Screen-Anzeige. Hier wird das Browser-Fenster entkoppelt und kann auf einen separaten Monitor gezogen werden. Das ist nützlich, um den Überblick über die Playlists nicht zu verlieren und trotzdem die Decks und Effekt-Einstellungen zu sehen. In Clubs und auf Festivals steht dem DJ allerdings selten ausreichend Platz für solche Extravaganzen zur Verfügung.

Fotostrecke: 2 Bilder Sind zwei Bildschirme im Club von Vorteil?

Decks und Waveforms

Die Player wirken aufgeräumt und minimalistisch, so sind bei einem Live-Einsatz im Club die wichtigen Felder am Monitor gut sichtbar und man wird nicht unnötig abgelenkt. In der Mitte findet ihr die virtuellen Jogwheels, deren Cursor sich im Kreis zu drehen beginnen, sobald ein Titel spielt. Daneben sitzen die Pitchfader, oberhalb hiervon der Slip- und Master-Tempo-Button, unterhalb folgt Quantize. Links daneben liegen Cue und Play/Pause sowie die Loop-Funktionen. Die Bedienoberfläche ist Pioneers Hardware nachempfunden, sodass ihr euch schnell zurechtfinden solltet.
Oberhalb der Jogwheels und Pads liegt die Wellenform des Titels. Ferner werden hier Deck-Nummern, Cover-Artwork, Titelnamen, Interpreten und Abspielzeiten (elapsed/remain) dargestellt. Auch die Sync/Master-Buttons, die Pitch-Reichweite (von +-6% bis Wide) und die Tonart fürs Harmonic Mixing sind an dieser Stelle zugänglich.

Fotostrecke: 3 Bilder Mit vier Decks in der vertikalen Ansicht mixen.

Hotcues und Effekte

Neu ist die mit acht Pads bestückte Hotcue-Sektion. Sie bietet die drei Modi Pad FX, Slicer und Beat Jump. Wie diese neuen Funktionen den DJ-Horizont erweitern, beleuchte ich im Praxisteil.
Der FX-Bereich vereinnahmt oberhalb der Decks relativ viel Bildschirmplatz; die beiden Racks FX1 und FX2 lassen sich den Decks eins bis vier, dem Sampler und dem Master zuordnen. Im Gruppen-Modus dürft ihr drei Effekte in einer Kette einsetzen, jeweils mit einem On/Off-Button und regelbarem Dry/Wet-Parameter. Im Solo-Modus steuert ihr einen Effekt mit zwei zusätzlichen Parametern.
Die FX-Sektion ähnelt den DJ-Effektgeräten RMX-500/1000 und der Pioneer Clubmixer-Reihe. Zur Verfügung stehen Delay, Echo, Rev Delay, Spiral, Reverb, Trans, Filter, Flanger, Phaser, Slip Roll, Roll, Rev Roll, Robot, MT Delay, Pitch Echo und Pan. Die Klangqualität ist sehr gut, die Parameter sind passend gewählt. Die Effektzeit kann entweder zum Songtempo/Mastertempo gesynct in Takteinheiten oder in Millisekunden angegeben werden. Im letztgenannten Fall erscheint ein Tap-Tempo-Button.
Die Release-FX-Sektion bietet Vinyl Brake, Echo und Back Spin. Für diese Effekte könnt ihr die Zeit in Takteinheiten einstellen und den Effekt (de-)aktivieren. Hinter den CFX (Sound Color FX) verbergen sich weitere acht Effekte (Filter, Jet, Crush, Noise, Pitch, Space, Dub Echo, Sweep), die kanalweise eingestellt werden können.
Kurz und knapp: Die neue Effektsektion ist definitiv eine Bereicherung und sorgt für viel Abwechslung im Mix.

Fotostrecke: 2 Bilder Zwei mal drei Effekte warten auf den Rekordbox DJ.

Sampler

Der Sampler erscheint unterhalb der Decks und speichert Sounds in vier Bänken zu acht Slots. Das macht in der Summe 32 Samples, die sich auf Wunsch zum Mastertempo synchronisieren lassen. Auch der Startpunkt kann quantisiert werden. Alternativ dient das Tempo der im Sampler abgespielten Loops als Mastertempo. Dazu lässt sich pro Sample ein Tempo definieren.
Jeder Slot kann stumm geschaltet und über eine Auswurftaste „ausgeworfen‟ werden. Der Edit-Button legt die Abspielart fest (Sample einmal durchlaufen, im Loop abspielen, abspielen solange Pad gehalten wird), ferner lässt sich der Startpunkt versetzen, die Abspielgeschwindigkeit verdoppeln/halbieren, der Gain, Master Tempo und Sync bestimmen. Über Hardware-Controller könnt ihr die im Slicer eingestellten Scheibchen in acht Sampler-Slots aufnehmen.
Als Zugabe gibt es einen Pattern-Player mit acht Slots für selbst programierte Rhythmussequenzen. Die Länge dieser Patterns beträgt wahlweise ein, zwei oder vier Takte. Buttons zum Muten und Löschen der Patterns sind ebenfalls vorhanden. Je nach Audiointerface oder Controller kann der Sampler einem Audiokanal des Mixers oder einem separaten Aux-Ausgang zugewiesen werden.

OSC

In der OSC-Sampler Ansicht kann man vier OSC-Felder austauschen und editieren. Im Unterschied zum Sampler gibt es Pitch- und Volume-Drehregler. Leider sind Tonhöhe und Lautstärke jedoch nur gemeinschaftlich regelbar.

Mixer

Die Mixersektion setzt sich zwischen die Decks und verkleinert die Wellenformansicht, was sich aber nicht negativ auswirkt. Je nach Deck-Ansicht erscheinen zwei oder vier Kanalzüge mit Trim, EQ, Cue und Fader. Unterhalb der Decks wird zusätzlich der Crossfader (inklusive Zuweisung der Kanäle zur Crossfader-Stellung) und die Kopfhörersektion mit der Ausgangslautstärke und dem Mix-Level eingeblendet. Die Fader und EQs reagieren in gewohnter Pioneer-Manier extrem schnell und fast latenzfrei. Alles kommt sehr direkt, was für einen Live-Einsatz aber auch notwendig ist. Mit der Rec-Funktion könnt ihr schließlich eure DJ-Mixe direkt auf die Festplatte des Rechners verlustfrei aufnehmen.
Qualitativ gibt es, jedenfalls gefühlt, keine großen Unterschiede zu den Hardware-Mixern: Pioneer DJ bietet eine professionelle DJ-Mix-Software an und das kann auch so stehen bleiben.

Fotostrecke: 2 Bilder Ohne Mixer, keine Performance-Software.

Praxis

CDJ-2000 Nexus

Das Mixen mit der Maus ist bei diesen vielen Funktionen nicht sehr lange spaßig. Also habe ich mein DJ-Setup angeschlossen: zwei CDJ 2000 Nexus und ein DJM 900 Nexus im Netzwerkverbund. Sofort werde ich von Rekordbox gefragt, ob ich in den Export Mode wechseln möchte. Die aus Rekordbox 3 gewohnten Fenster und Einstellungen öffnen sich und ich kann meine Playlists über die Player ansteuern. Über USB angedockt, erkennen die Player im Link-Modus die Software und fragen nach der Deck-Nummer, die dann dem jeweiligen CDJ zugewiesen wird. Jetzt kann ich mit den Reglern und Buttons der CDJs auf die Rekordbox-Decks zugreifen. Leider werden Wellenform und Tag-Daten noch nicht auf das Display übertragen. Man sieht auch die Browser-Titel nicht, sodass ich immer wieder auf meinen Laptop schauen muss. Auf zusätzlichen Funktionen des Performance-Modus (Effekte, Pad FX, Sampler …) muss ich mit diesem Setup komplett verzichten. Schade.

DDJ-RZ

Also schließe ich den Pioneer DDJ-RZ an und steige in die Performance-Modi ein. Nach Betätigen der Hotcue-Taste wechselt die Software in diesen Modus: Betätige ich eines der Pads an meinem Test-Controller, bekomme ich die Möglichkeit, pro Titel acht Hotcues anzuspringen.
Viel Spaß bereitet mir die Pad-FX-Sektion mit ihren acht frei programmierbaren Effektmakros. Unterhalb der Pads in der Software (erreichbar über Shift + Pad FX am Controller), kann man zusätzlich auf weitere acht Makro-Pads umschalten und diese über den Edit-Button programmieren. Das heißt: Ich kann eine Effektart auswählen und je nach FX zusätzliche Parameter mit einem festen Wert einstellen. Sobald ich am Controller auf ein Pad drücke, wird der ausgewählte Effekt inklusive der Parameterwerte abgefeuert.

Fotostrecke: 2 Bilder Effektspielereien, die Spaß machen.
Audio Samples
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Rekordbox 4.0 DJ FX

Kommen wir zum Slicer: Sobald ein Slicer-Pad angetriggert wird, verteilt die Software einen Bereich von frei definierbarer Länge (2 – 32 Schläge) so über die acht Pads, dass ich diese acht Schnipsel durch Anschlagen der Pads neu zusammensetzen kann. Dadurch entstehen neue Variationen oder Fills beziehungsweise Rolls. Zusätzlich lässt sich über den Links/Rechts-Shifter der ausgewählte Bereich verschieben, um neue Slices abzuspielen. Das funktioniert sehr gut, nur bei extrem schnellem Triggern der Pads können Sprünge im Song wahrgenommen werden. Eine Loop-Funktion für den abgespielten Bereich ist ebenso vorhanden wie eine Quantisierung des Rolls (das ist die Länge des Loops, wenn das Pad lange gehalten wird).

Mit dem Slicer wird der Song on-the-fly neu zusammengesetzt.
Mit dem Slicer wird der Song on-the-fly neu zusammengesetzt.

Beat Jump

Der Name verrät es: Man springt um den voreingestellten Wert weiter im Musiktitel, und zwar quantisiert. Auch diese Pads könnt ihr frei programmieren. Beat Jump verfügt über neun Seiten à acht Pads, was in der Praxis sicherlich nicht komplett genutzt werden wird. Aber, was man hat, hat man!
In Verbindung mit einem Controller wie dem Pioneer DDJ-RZ, hier im Test, wirkt jede DJ-Software viel „griffiger“ als beim reinen Laptop-Mixing. Gleichzeitiges Antriggern verschiedener Funktionen und direktes Sehen, was man als nächstes anstellen will, ist für mich ein Muss. Nur so kommt die Stärke der verschiedenen Effektbereiche und der Sampler-Sektion in Rekordbox DJ zur Geltung. Ich kann in meinen Mix eintauchen, mit beiden Händen die Sounds verbiegen und die Tracks on-the-fly remixen. Erwähnenswert ist die niedrige, ja eigentlich gar nicht spürbare CPU-Auslastung, sogar bei extremem, gleichzeitigem Einsatz mehrerer Effekte, Pads und Sample-Loops. Die Auslastungsanzeige blieb bei meinem Testrechner immer im unteren Drittel.

Quantisierte voreingestellte Sprünge innerhalb des Songs - kein Problem!
Quantisierte voreingestellte Sprünge innerhalb des Songs – kein Problem!

Fazit

Pioneer DJ legt mit seiner Rekordbox 4.0 DJ ein überzeugendes Stück DJ-Software vor. Durch die starke Position am Hardware-Markt gelingt mühelos der Anschluss an die Mitbewerber Traktor, Serato und Virtual DJ. Die grafische Umsetzung ist sehr gelungen, sowohl für dunkle Clubs als auch Festivalbühnen mit ausgeprägter Lightshow. Die Soundqualität fällt Pioneer-typisch professionell aus. Performances fühlen sich äußerst direkt an. Das Mixen geht leicht von der Hand, ganz gleich ob Anfänger oder fortgeschrittener DJ. Mit den neuen Pioneer-Controllern macht es richtig Spaß, neue Sounds zu basteln und der Darbietung eine persönliche Note zu verleihen. Einige Funktionen fehlen mir noch, aber dies ist ja erst der Anfang. Eines ist schon jetzt klar: Die Symbiose zwischen Hardware und DJ-Software ist für den Marktführer Pioneer ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Intuitiver Zugang
  • Niedrige Latenz
  • Guter Controller-Support
  • HID-Unterstützung
  • kostenloser Export-Mode
  • Niedrige CPU-Belastung
  • Viele kreative Remix-Tools
  • Gelungene Effektsektion
Contra
  • Unvollständige Datenübertragung an CDJ 2000/Nexus
  • Keine VST-Plugins
  • Kein MIDI-Sync
Artikelbild
Pioneer Rekordbox 4.0 DJ Test
Das Rekordbox 4.0 Update inklusive Plus Pack ist rundum gelungen.
Das Rekordbox 4.0 Update inklusive Plus Pack ist rundum gelungen.
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Enrico sagt:

#1 - 29.12.2015 um 13:23 Uhr

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Gibts ne Mappingfunktion für non-Pioneer Controller?

Profilbild von Peter

Peter sagt:

#2 - 06.01.2016 um 19:44 Uhr

0

Hi Enrico,
Midi-Learn/Mapping gibt´s aktuell noch nicht.
Gruß

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